Mittwoch, 29. Januar 2014

Abenteuer Eisenbahn


Die alten Engländer waren große Eisenbahnbauer. Heute reisen deren nostalgisch angehauchte Nachfahren in den ehemaligen Kronländern auf den eisernen Spuren ihrer Vorväter, belagern die Büros der Bahnhofsvorstände, Bahnpersonal und Lokführer, und ergötzen sich an den alten, wackeligen Zügen und rauchenden Lokomotiven, denen sie in der Heimat nicht das geringste Augenmerk schenken würden.
Ich gebe zu: Diese Art von Nostalgie mag ich auch.
Mit einer Stunde Verspätung rattert unser Zug, von Colombo heraufpustend, im Bahnhof Peradeniya Junction ein.
 
Die Aufregung unter den Reisenden ist groß, es wird auf Teufel komm raus geknipst, eine Kamera surrt. Die Abfahrt wird mit Pfeifen und Fahneschwenken angekündigt und schon geht’s los in Richtung Hochland. Wir haben den Aussichtswaggon gewählt, sitzen gegen die Fahrtrichtung, dürfen dafür aber die Landschaft vom letzten Waggon aus durch ein Panoramafenster am Waggonende bewundern. 
 
Sechs Stunden soll unsere Fahrt nach Ella dauern. Der Zug wird immer langsamer, plötzlich ist Stopp auf freier Strecke. Einige ganz Verwegene steigen aus, Handy und Filmkamera im Anschlag. Der Zugbegleiter berichtet kurz: "Engine has problem, don´t worry!" Ich verzehre inzwischen die dritte Packung Kokoskekse.

Nach gefühlten Stunden rollt von hinten eine Diesellok heran, verstellt das Panoramafenster, wodurch die Aussicht futsch ist, dafür schiebt sie kräftig an und schon geht’s wieder ein Stückchen weiter.
 
Beim nächsten Bahnhof ist Schluss mit lustig und wir stehen. Der frühe Nachmittag geht langsam in den späten über, mein Keksvorrat zu Ende. Was, wenn wir hier übernachten müssen? Ich überlege: Der Waggon ist nicht zur Gänze belegt, die Sitze lassen sich umlegen … Schon ruckelt ´s, ein neuer Triebwagen ist eingetroffen, wird vorgespannt und auf geht´s!
 
Zugverspätung inzwischen: Gut 3 Stunden. Ich soll im vorgebuchten Guesthouse  unsere Verspätung ankündigen. Es wird Nacht werden. Das Handy funktioniert nicht. Den Rat eines mitreisenden Japaners, doch beim nächsten Bahnhof auszusteigen, den Vorstand um ein Telefongespräch ersuchen, lehne ich dankend ab. Ich möchte nicht am nächsten Tag nachreisen müssen.
Vom Tal blinken ab und zu Lichter zu uns herauf, vom Himmel die Sterne auf uns herab. Wir rattern durch stockdunkle Nacht, irgendwo da draußen laufen die Teeplantagen an uns vorbei. Wir werden sie am nächsten Tag noch zur Genüge bewundern können.
Die meisten Engländer verlassen uns in Nanu Oya, bestens gelaunt – ach, wie schön kann Eisenbahnfahren sein!  
***
(Alle Rechte liegen bei der Autorin.) 

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